Burnout lässt sich auch definieren als Ergebnis des fortgesetzten und konsequenten Versuches, Verantwortung für etwas/mehreres/vieles zu übernehmen, das man nicht oder nur in geringem Maße beeinflussen kann. Dies erscheint mir wichtig, weil eine der wesentlichen Leistungen meiner Coaching-Kundinnen und -Kunden oftmals darin besteht, für sich zu klären, ob sie ein zu bearbeitendes Thema als „Problem“ oder als „Restriktion“ (unlösbare Schwierigkeit, Rahmenbedingung) behandeln (wollen).
Beispiele für möglicherweise von Kudinnen/Kunden nicht bzw. nur in geringem Ausmaß beeinflussbare Themen: der Weltfrieden, die Erdanziehung, die volkswirtschaftliche Entwicklung, das Lebensalter – aber auch, wenn man davon überzeugt ist, dass Menschen/soziale Systeme nicht direkt instruierbar sind – das Klima im Unternehmen, das Verhalten anderer Menschen, die emotionale Befindlichkeit des Vorgesetzten, der Ehrgeiz der Kollegin, usw.
Die Bestimmung des eigenen Einflussbereichs und dessen Grenzen in Bezug auf ein bestimmtes Thema kann eine hilfreiche Burnout-Prophylaxe darstellen Auch das Umkonstruieren eines Problems in eine Restriktion/Rahmenbedingung/unlösbare Schwierigkeit aufgrund fehlender bzw. unzureichender eigener Beeinflussungsmöglichkeiten kann große Entlastung bringen (und zugleich vor Allmachtsphantasien bewahren) und zu neuen Verhaltensoptionen führen.
Problem oder Restriktion?
Eigener Einflussbereich oder feststehende Rahmenbedingung: Es geht um die Tragfähigkeit der eigenen Konstruktionen
Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, dass Sie seit kurzer Zeit eine neue Führungskraft zum Vorgesetzten/zur Vorgesetzten haben und mit dieser unzufrieden sind. Sie charakterisieren sie/ihn als ungerecht, rücksichtslos, unfreundlich, usw. Was würden Sie mir antworten, wenn ich Sie nach Ihrer bestmöglichen Zukunftsvorstellung zu diesem Thema befragen würde?
Würden Sie etwa sagen: „Meine Führungskraft ist in Zukunft so wie ich sie mir vorstelle: gerecht, rücksichtsvoll, freundlich, usw.“? Oder würden Sie eher meinen: „Unabhängig davon wie sich meine Führungskraft in Zukunft verhält – es gelingt mir gut, gelassen zu bleiben und mich auf meine Stärken und Fähigkeiten zu konzentrieren“?
(Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Ich finde ja, dass Sie die beste, freundlichste, gerechteste, usw. Führungskraft der Welt verdient haben, glaube aber – und das ist jahrzehntelange Erfahrung – nicht an „Fernheilung“)
Problem oder Restriktion: Sie sind die Architektin/der Architekt Ihrer Konstruktionen – diese mögen tragfähig sein…
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Ich kenne dieses Phänomen unter dem Namen Circle of Influence und sein Pendant Circle of Concern.
Je mehr wie den ersten erweitern können, umso mehr können wir das Leben selbstbestimmt(er) führen. Die Kunst ist es natürlich, die Grenzen zwischen beiden zu erkennen und zu akzeptieren, bzw. für sich zu nutzen. Eine lebenslange Aufgabe ☺️
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