Monatsarchiv: Juli 2024

Exakter Ausgleich trennt: Eine Geschichte vom Bazar in Tunis


Systemische Ausgleichsprinzipien – Ausgleich zwischen Geben und Nehmen

Seit längerer Zeit schon beschäftige ich mich mit/beschäftigen mich systemische Ausgleichsprinzipien (vgl. auch den Beitrag „Systemische Ausgleichsprinzipien und ökonomischer Schuldbegriff“). Im Rahmen meiner Beratungsarbeit bin ich oftmals über deren praktische Relevanz – insbesondere in Konflikt(auflösungs)systemen – erstaunt.

Diese Prinzipien finden sich zu einem Gutteil bereits in den „Geschichten der Chassidim“ (vgl. etwa Martin Buber: „Die Erzählungen der Chassidim“ oder „Die Geschichten des Rabbi Nachman“, etc.) sowie bei Iván Böszörményi-Nagy (der unter anderem den Begriff der „vielgerichteten Parteilichkeit“ – der als „Allparteilichkeit“ Eingang in die Literatur gefunden hat – geprägt hat). Sie wurden in der Folge unter anderem von Bert Hellinger aufgenommen und schließlich im Rahmen der SySt-Arbeit (Systemische Strukturaufstellungsarbeit) von Matthias Varga von Kibéd maßgeblich weiterentwickelt und ergänzt.

Ökonomische Umdeutung von „Schuld“ in „Schulden“

Grundlegend für die Genese systemischer Ausgleichsprinzipien ist die ökonomische Umdeutung ethischer Begriffe: „Schuld“ wird in „Schulden“ umgedeutet, anstelle von „Gut-Böse“ bzw. „Richtig-Falsch“ geht es um „Ausgleichsbedürftigkeit“ bzw. „Ausgleichsverpflichtung“. Fragen wie etwa „Was war die Ursache?“, „Wer war woran schuld?“, „Was ist richtig?“ oder „Wer hat recht?“ werden dabei „ersetzt“ durch „Worin könnte ein gelungener (annehmbarer) Ausgleich bestehen?“

An dieser Stelle möchte ich nur darauf hinweisen, dass dem Prinzip „Der eigentliche Ausgleich liegt in der Anerkennung der Ausgleichsverpflichtung“ eine zentrale Rolle in der Deeskalierung von Konflikten zukommen kann, ja meiner Erfahrung nach erlittenen Gesichtsverlust „zum Besseren wenden“ und dadurch Lösung(en)orientierung befördern kann.

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Umwege können die Ortskenntnis erhöhen…


Heute habe ich es wieder einmal geschafft, mir einen Umweg zu gönnen – unfreiwillig, das gebe ich gerne zu: Auf dem Weg von einem gemeinsamen Frühstück mit einem lieben Freund wollte ich noch rasch in ein Sportgeschäft, um nach neuen Laufschuhen Ausschau zu halten (meine derzeitigen sind schon eine Zumutung für meine Füße). Zu meinem großen Ärger stand „Wegen Inventur heute geschlossen“ an der Tür. Und dann bin ich – keine Ahnung wie – in ein Geflecht von kleinen Gassen gekommen, wollte dann auch nicht umkehren und ging so etwa in der Richtung der von mir benötigten Straßenbahnhaltestelle weiter.

Was soll ich sagen: Der zusätzliche Zeitaufwand – richtiger die zusätzliche zeitliche Investition – hat in etwa 45 Minuten betragen. Vielleicht schütteln Sie jetzt den Kopf und halten mich für einen verwirrten Kerl. Doch kommen wir zur Umwegrentabilität (was für ein feines Wort in diesem Zusammenhang): Ich habe nämlich aufgrund meines Umwegs ein kleines Antiquariat entdeckt und dort überaus günstig eine Ausgabe von Martin Bubers Werk „Das dialogische Prinzip“ aus dem Jahr 1973 erstanden, ein kleines Geschäft mit originellen Postkarten in der Auslage (leider wegen Sommerferien geschlossen) aufgespürt und einen hervorragenden Espresso in einem mir bis dato unbekannten Cafe genossen.

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