Eine heitere Geschichte: Humor ist wirkmächtig


Die Szenerie: Ich sitze Zeitung lesend in einem Abteil einer alten Zuggarnitur, als ein Pärchen, das sich kurz vorher hier am Bahnhof getroffen hat, das Abteil betritt.

Er, groß und dünn, eine Brille weit vorne auf der Nase, wendet sich an sie, ebenfalls groß und eher kräftig gebaut, eine Vielzahl von Taschen in den Händen, und sagt in nasalem Tonfall: „Du, Schatzi, jetzt habe ich gerade fünf Euro in den Fahrkartenautomaten geworfen – und stell Dir vor, dieser dumme Automat hat sie einfach geschluckt und nicht registriert, dass ich sie schon bezahlt habe. Ich musste nochmals den gleichen Betrag einwerfen. Na, dem Schaffner werde ich gleich was erzählen!“.

Ich denke mir nur: „Das kann ja heiter werden“ und harre neugierig der Dinge, die jetzt folgen werden…

Sehr bald nach der Abfahrt erscheint der Schaffner, ein eher kleiner etwa fünfzigjähriger Mann mit Vollbart, und fragt nach den Fahrkarten. Mein Abteilskollege zückt seine „VorteilsCard“ sowei seinen Fahrschein und meint in Richtung des Zugbegleiters: „Sie, ich muss mich da gleich einmal beschweren bei Ihnen!“. Der Schaffner wirft einen Blick auf die Ermäßigungskarte des Fahrgasts und erwidert: „Bitte gerne, Herr Doktor“. Dieser erzählt sein Erlebnis mit dem Automaten und meint: „Heute habe ich also Ihrem Unternehmen fünf Euro geschenkt.

Der Zugbegleiter mustert den Beschwerdeführer mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen und sagt dann: „Danke, Herr Doktor, wir können´s gut gebrauchen. Ich befürchte nur – es wird nicht reichen.“

Der Angesprochene schaut einen Moment lang völlig überrascht drein – und prustet dann los vor Lachen. Die Frau an seiner Seite lacht ebenfalls los. Und auch ich kann mich nicht mehr halten und stimme ins Lachen mit ein – so auch der Schaffner, der schließlich allen Anwesenden einen guten Tag wünscht und das Abteil verlässt.

Ja, wenn Humor doch nur öfters gelänge – in unterschiedlichsten Kontexten, etwa auch und gerade in der Beratung. Humor spielt mit Paradoxien, mit Ambivalenzen, mit Vieldeutigkeit. Derjenige, dem es gelingt, humorvoll auf sich und seine Lebenssituation zu blicken, kann sich emotional distanzieren und einen „klaren Kopf“ bekommen.

Humor ist sehr wirkmächtig, ja auch ein mächtiges Instrument des Widerstands. Nicht umsonst versucht man in autokratischen Regimen Kabarettisten, Satirikerinnen und dergleichen als „Volksfeinde“ zu brandmarken und sie – andere Gründe vorschiebend – aus dem Verkehr zu ziehen. Humor kann subversiv sein und ist hervorragend dazu geeignet, „Führer“ lächerlich zu machen und in ihrer Armseligkeit bloßzustellen. So wird der „allmächtige Führer“ recht schnell zur gekränkten Witzfigur.

Jedenfalls wünsche ich Ihnen, dass Sie häufig herzhaft über sich selbst lachen und mit sich selbst (und besonders mit Ihren angeblichen „Schwächen“) humorvoll umgehen können.


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