Archiv der Kategorie: Splitter 10/2024

Von Zwergkängurus und Medien: Ein paar Anmerkungen zu „einst und jetzt“ aus (vor allem) systemtheoretischer Sicht


Im Wohnzimmer um halb acht

Kennen Sie das noch? Vor nicht allzu langer Zeit sind die meisten von uns pünktlich um 19:30 Uhr vor dem Fernsehgerät gesessen (mit „sicherem“ Abstand zum Bildschirm, meist auf dem Sofa oder einem gemütlichen Stuhl) und haben uns an einem Ort (im Wohnzimmer) zur gleichen Zeit (um halb acht) mit derselben massenmedialen Hintergrundrealität (den „Nachrichten“ des öffentlich-rechlichen Rundfunks) versorgen lassen. Dort hat uns (ich bin Österreicher) lange Zeit Hugo Portisch „die Welt“ erklärt – und wir sind dieser „Instanz“ andächtig gefolgt und haben das Gesagte nicht weiter hinterfragt (da lag ein Latenzschutz drüber, das war außerdem ganz schön „wissenschaftlich“, also wahr – und zudem verständlich).

Das Subsystem der Massenmedien

Ein wenig systemischer vielleicht? Ok: Das gesellschaftliche Subsystem der Massenmedien ist mit sämtlichen gesellschaftlichen Subsystemen strukturell gekoppelt und erzeugt eine eigene Realität, die Hintergrundrealität genannt werden kann. Wofür ist das Subsystem „Massenmedien“ die Lösung? Für das Problem, dass die moderne Gesellschaft sich funktional in verschiedene Subsysteme ausdifferenziert hat und es seitdem keine übergeordnete „Ordnungsmacht“ mehr gibt (außer im Kriegsfall oder vielleicht im Anfangsstadium einer Pandemie). Dem Subsystem der Massenmedien nun ist es gelungen, die gesellschaftsgefährdende Partikularisierung, also das Auseinanderfallen der Gesellschaft, zu verhindern. Wie? Indem es operativ eine verbindliche Hintergrundrealität erzeugt hat – nach dem Kodex „aktuell/nicht aktuell“. Diese Hintergrundaktualität hat die Wahrnehmung in der Gesellschaft mit einem ausdifferenzierten System der daueraktiven Massenmedien überformt. Und ja: Auf ebendiese Hintergrundaktualität haben sich die einzelnen Subsysteme geeinigt – Massenmedien haben die Orientierung in der modernen Gesellschaft gesichert.

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Eine heitere Geschichte: Humor ist wirkmächtig


Die Szenerie: Ich sitze Zeitung lesend in einem Abteil einer alten Zuggarnitur, als ein Pärchen, das sich kurz vorher hier am Bahnhof getroffen hat, das Abteil betritt.

Er, groß und dünn, eine Brille weit vorne auf der Nase, wendet sich an sie, ebenfalls groß und eher kräftig gebaut, eine Vielzahl von Taschen in den Händen, und sagt in nasalem Tonfall: „Du, Schatzi, jetzt habe ich gerade fünf Euro in den Fahrkartenautomaten geworfen – und stell Dir vor, dieser dumme Automat hat sie einfach geschluckt und nicht registriert, dass ich sie schon bezahlt habe. Ich musste nochmals den gleichen Betrag einwerfen. Na, dem Schaffner werde ich gleich was erzählen!“.

Ich denke mir nur: „Das kann ja heiter werden“ und harre neugierig der Dinge, die jetzt folgen werden…

Sehr bald nach der Abfahrt erscheint der Schaffner, ein eher kleiner etwa fünfzigjähriger Mann mit Vollbart, und fragt nach den Fahrkarten. Mein Abteilskollege zückt seine „VorteilsCard“ sowei seinen Fahrschein und meint in Richtung des Zugbegleiters: „Sie, ich muss mich da gleich einmal beschweren bei Ihnen!“. Der Schaffner wirft einen Blick auf die Ermäßigungskarte des Fahrgasts und erwidert: „Bitte gerne, Herr Doktor“. Dieser erzählt sein Erlebnis mit dem Automaten und meint: „Heute habe ich also Ihrem Unternehmen fünf Euro geschenkt.

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