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Charismatische Führer und mechanistische Weltbetrachtung


oder: „The stars we are …“ (Marc Almond)

In aller Regel wird Führung immer noch als „Leadership“ diskutiert, soll heißen als Set von Eigenschaften sowie Fähigkeiten von Individuen. Dieser Sichtweise liegt die Vorstellung von Organisationen als „Zweckerreichungsmaschinen“ zugrunde. Organisationen werden sohin als Mittel zum Erreichen extern gesetzter Ziele begründet und aufrecht erhalten, wobei Führung in diesem Denkkonstrukt die Funktion der Zielerreichungsoptimierung durch Effizienzsteigerung (im Sinne der Verbesserung der Input-Output-Relation) zukommt. Wer dafür zuständig ist?

Management-„Heroes“: Sogenannte Macher, Führer, Befehlshaber, die mit der Führung betraut werden und auf Basis besonderer Leadership-Fähigkeiten (insbesondere „Charisma“) als dazu geeignet erscheinen, Organisationen maßgeblich in Richtung Zielerreichung zu lenken, Human Resources durch „starke Ansagen“ zu mobilisieren, zu motivieren und mitzureißen.

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Von Zwergkängurus und Medien: Ein paar Anmerkungen zu „einst und jetzt“ aus (vor allem) systemtheoretischer Sicht


Im Wohnzimmer um halb acht

Kennen Sie das noch? Vor nicht allzu langer Zeit sind die meisten von uns pünktlich um 19:30 Uhr vor dem Fernsehgerät gesessen (mit „sicherem“ Abstand zum Bildschirm, meist auf dem Sofa oder einem gemütlichen Stuhl) und haben uns an einem Ort (im Wohnzimmer) zur gleichen Zeit (um halb acht) mit derselben massenmedialen Hintergrundrealität (den „Nachrichten“ des öffentlich-rechlichen Rundfunks) versorgen lassen. Dort hat uns (ich bin Österreicher) lange Zeit Hugo Portisch „die Welt“ erklärt – und wir sind dieser „Instanz“ andächtig gefolgt und haben das Gesagte nicht weiter hinterfragt (da lag ein Latenzschutz drüber, das war außerdem ganz schön „wissenschaftlich“, also wahr – und zudem verständlich).

Das Subsystem der Massenmedien

Ein wenig systemischer vielleicht? Ok: Das gesellschaftliche Subsystem der Massenmedien ist mit sämtlichen gesellschaftlichen Subsystemen strukturell gekoppelt und erzeugt eine eigene Realität, die Hintergrundrealität genannt werden kann. Wofür ist das Subsystem „Massenmedien“ die Lösung? Für das Problem, dass die moderne Gesellschaft sich funktional in verschiedene Subsysteme ausdifferenziert hat und es seitdem keine übergeordnete „Ordnungsmacht“ mehr gibt (außer im Kriegsfall oder vielleicht im Anfangsstadium einer Pandemie). Dem Subsystem der Massenmedien nun ist es gelungen, die gesellschaftsgefährdende Partikularisierung, also das Auseinanderfallen der Gesellschaft, zu verhindern. Wie? Indem es operativ eine verbindliche Hintergrundrealität erzeugt hat – nach dem Kodex „aktuell/nicht aktuell“. Diese Hintergrundaktualität hat die Wahrnehmung in der Gesellschaft mit einem ausdifferenzierten System der daueraktiven Massenmedien überformt. Und ja: Auf ebendiese Hintergrundaktualität haben sich die einzelnen Subsysteme geeinigt – Massenmedien haben die Orientierung in der modernen Gesellschaft gesichert.

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