Schlagwort-Archive: Fritz B. Simon

Bin ich vom Universum getrennt? Bin ich Teil des Universums?


Epilog

Die ökologische Krise ist in aller Munde. Aufgeworfene Endzeitszenarien sind real, leiden aber auch unter Ausblendungen. Diese ökologischen Ausblendungen sind der Eigenlogik der sozialen Teilsysteme (Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, usw.) geschuldet, die sich – dabei maßlos – je auf ihre Teilaufgabe fokussieren und das Ganze aus den Augen verlieren (müssen). Die ökologischen Ausblendungen stellen eine bedrohliche Herausforderung der Gegenwart, wenn nicht die bedrohlichste, dar – und damit die Problematik, an der sich das Schicksal der Demokratien entscheiden wird.

Leseempfehlungen

An dieser Stelle schon möchte ich Ihnen fünf Bücher empfehlen, die meinen Sommer bislang geprägt haben und deren Inhalte in ihrer Zusammenschau aus meiner Sicht sehr gut geeignet sind, die Komplexität des Themas abzubilden:

1) Nassehi, A.: „Kritik der großen Geste. Anders über gesellschaftliche Transformation nachdenken“, Verlag C.H.Beck, München, 2024

2) Simon, F. B.: „Anleitung zum Populismus oder: Ergreifen Sie die Macht!“, Carl-Auer Verlag, Heidelberg, 2. Aufl. 2024

3) Simon, F. B.: „Die kommenden Diktaturen. Ein Worst-Case-Szenario“, Carl-Auer Verlag, Heidelberg, 2024

4) Wiegandt, K. (Hrsg.): „3 Grad mehr – ein Blick in die drohende Heißzeit und wie die Natur helfen kann, sie zu verhindern“, oekom verlag, München, 2022

5) Willke, H.: „Klimakrise und Gesellschaftstheorie. Zu den Herausforderungen und Chancen globaler Umweltpolitik“, Campus Verlag, Frankfurt/New York, 2023 – vgl. dazu auch den empfehlenswerten Beitrag in Östermanns Blog

Dringliche Notwendigkeit und Möglichkeit

Die moderne Gesellschaft ist sehr leistungsfähig, wenn es um konkrete Aufgaben geht, sie stellt sich in ihren ausdifferenzierten Teilen als hoch kreativ und an Formen vielfältig dar. Die andere Seite dieser Medaille ist, dass diese spezialisierte Leistungsfähigkeit mit der Entfernung der Teile voneinander einhergeht. Die moderne Gesellschaft zeigt demnach Schwäche, wenn es um die Koordination, die Integration und die Kollektivierung der unterschiedlichen Teile geht.

Hervorzuheben ist dabei der Fehlschluss von der dringlichen Notwendigkeit auf die Möglichkeit: Die Naturwissenschaften weisen seit einigen Jahrzehnten schon auf die dringliche Notwendigkeit der weiteren Vermeidung von CO2-Ausstoß hin – eigentlich ein „einfaches“ Ziel, denn es geht um einen einzigen Parameter. Ausgeklammert bleibt jedoch die Frage nach den gesellschaftlichen Transformationsbedingungen. Es kann noch so sehr mit höchstem Engagement, drastischer Sprache, umfassenden Forderungen und großen Gesten auf Willen, Einsicht und Einstellung – also schließlich auf Überzeugung – gezielt werden. All dies trifft jedoch auf die Widerständigkeit und Trägheit sowie auf den Eigensinn sozialer Systeme. Eine wichtige Frage ist sohin, wie Strategien in einer Gesellschaft, die schon da ist, Wirkungen über die rein kommunikative Provokation hinaus entfalten können. Es geht dabei um das Rechnen mit Trägheit und Selbstreferenz, mit eigensinnigen Prozessen und der kybernetischen Form der Rekursivität. Mit der Gesellschaft zu rechnen, die da ist, heißt aber nicht, alles so belassen zu wollen, wie es ist. Es geht vielmehr darum, die gesellschaftsinternen Strukturen, Chancen und Risiken sowie Gefahren zu betrachten und Transformation von der Gegenwart her zu betrachten – denn sie bestimmt die Möglichkeiten, die mit der dringlichen Notwendigkeit vermittelt werden müssen.

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Oh, it all depends…


Gerade eben habe ich mich beim Durchschmökern verschiedener Online-Foren zum Thema „Finanzkrise“ ertappt. Der sich aufdrängenden Frage „Und wozu war das jetzt nutze?“ konnte ich zwar mit einem „Jetzt ist es zu spät für Dich!“ kontern, allerdings muss ich jetzt umgehend ein paar Zeichen von mir geben.


Kausalität – der Traum von Ursache-Wirkungszusammenhängen

Jaja, da gibt es eine – übrigens die zahlenmäßig stärkste – „Fraktion“, die darum rittert, die einzige, echte und wahre Begründung für die Finanzkrise anbieten zu können. Da flüstert es aus vielen Ecken („Ich hab´s immer schon gewusst…“), dröhnt es von Elfenbeintürmen („Das musste ja so kommen, weil…“), schreit es aus Zeitschriften und Magazinen („Ich habe recht, ich weiß, warum…!“). Gestatten Sie mir die provokante Bemerkung: Und wenn schon, wen interessiert´s? Darauf die Fraktionszugehörigen im Chor: „Ohne die genaue Bestimmung der Ursache kann es keine gute Zukunft geben, Ignorant!“ Und da ist sie wieder, unsere alte gute Bekannte, die Kausalitätsgläubigkeit. Triviales System oder lebendes System? Egal, her mit der (möglichst einen) Ursache, dann gleich her mit den Schuldigen – und dann ist alles wieder gut… oder etwa doch nicht? Und das wird dann noch „systemische Krise“ genannt. Oje.


Alles hängt mit allem zusammen – Om oder wie?

Kommen wir zur zweiten Partei, den „Alles ist mit allem vernetzt“-Gläubigen. Die Wirklichkeit ist ganzheitlich, holistisch, allübergreifend, außerdem fließt es auch noch überallhin, dazu ist alles noch im kosmischen Urlaut … om … om … eingebettet. Lasst uns singen und tanzen und radfahren und dabei meditieren für den Weltfrieden. Au weia. Weiterlesen