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Jenseits aller Tools: Systemisches Coaching als Oase in einer Welt von Beschleunigung und Konkurrenz


Intro

Von Steve de Shazer (1940-2005) persönlich durfte ich noch lernen, aus dem Verhalten eines Menschen zu schließen, „wer da bei der Tür hereinkommt“ (Klagende/r, Besucher/in, Kundin/Kunde oder Co-Berater/in), von Insoo Kim Berg (1934-2007), seiner Frau, hingegen – und das fand ich von Anfang an für meine Arbeit als Coach noch hilfreicher – „was bei der Beratung herauskommt“ (vgl. diesen Beitrag). Wie Menschen heutzutage in die Welt gestellt sind und wie ihnen diese begegnet – und wie wertvoll in dieser Hinsicht systemisches Coaching sein kann – darauf mag ich heute das Brennglas richten.

Gleich vorab: Dieser Beitrag hat für sogenannte „Tooligans“ wenig zu bieten – und das mit voller Absicht. Zu oft wird darüber diskutiert, welche Fragetechnik „die effektivste“, welche Formulierung „die beste“, welche Methode „die zielführendste“ sei. Die Beschäftigung mit „passgenauen“ Versprachlichungen und Tools gibt uns als Coaches ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und vermittelt eine (Schein-)Sicherheit. Selbstverständlich ist es überaus nützlich, über einen bei Bedarf professionell („aus dem Effeff“) zum Einsatz zu bringenden „Werkzeugkoffer“, eine prall gefüllte „Toolbox“, oder wie immer man das bezeichnen mag, zu verfügen. Vor allem deshalb, damit wir als BeraterInnen uns ganz der Kundschaft widmen können – etwa die „Keywords“ auch hören – ohne uns mit der Frage in unserem Kopf (denn dann gelingt das Zuhören nicht mehr) beschäftigen zu müssen, ob wir „eh nicht nur einen Hammer haben“ (denn dann dürfte ja auch nichts Anderes als ein Nagel „daherkommen“).

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Fragen nach Ausnahmen oder: Impulse, die den Fokus der Kundenaufmerksamkeit auf Lösungsmöglichkeiten richten könnten



Die „richtigen“ Fragen?

Wenn wir Coaches im Rahmen einer systemisch-lösungsorientierten Beratung Fragen stellen bzw. andere Interventionen setzen, dann intendieren wir dabei nicht etwa das Auffinden der „richtigen“ Frage, denn das wäre auf Basis unseres systemischen Erkenntnishorizonts einerseits unmöglich/größenwahnsinnig und andererseits genau deshalb eine unangemessene Überforderung der Beraterin, weil nicht in deren Einflussbereich.

Unsere Intention ist „nur“, das Gegenüber angemessen zu „verstören“, d. h. auf Grundlage einer wertschätzend – im Moment des Fragens absichtslosen – aufmerksamen respektvollen Haltung einen Impuls auszusenden, der von der Kundin als anschlussfähig – also das Erreichte anerkennend und neuartig zugleich – erlebt werden kann und für diese womöglich eine „Information“ im Sinne von Gregory Bateson ausmacht, also einen „Unterschied, der einen Unterschied macht“.

Fragen nach Ausnahmen

Fragen nach Ausnahmen sind für Kunden besonders dann gut anschlussfähig, wenn diese bereits Hinweise auf Zeiten gegeben haben, „wo etwas besser war“ bzw. wenn „störungsfreie“ Zeiten erwähnt wurden. Ausnahmezeiten können aber auch von der Beraterin herbeigefragt werden, etwa: „Wann in den letzten Wochen bzw. Monaten gab es denn Zeiten, in denen das Problem nicht oder weniger stark/oft aufgetreten ist?“.

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Vom „Reiz des Gegenteils“ im Coaching


Neulich habe ich eine kleine telefonische Umfrage durchgeführt und mir bekannte PersonalistInnen (gesamt 20) gefragt, wie sie ihrer Erfahrung nach den Nutzen, den KundInnen aus Coachings ziehen können, in aller Kürze beschreiben würden. Eine Mehrheit der Befragten hat geantwortet, dass Coaching-KundInnen die Möglichkeit geboten bekommen, mit einer\einem neutralen und verschwiegenen Expertin\Experten für ziel- und lösungsorientierte sowie strukturierte Gesprächsführung zu Themen im beruflichen Kontext „auf Augenhöhe“ reflektieren zu können. Weiterlesen